Tag 1198-1214 | Cafayate, Salta / Andolucas, La Rioja / San Juan Stadt, San Juan / Mendoza Stadt, Mendoza, Argentinien
In Salta haben wir Abends dann noch Aly und Blake aus Oregon getroffen. Die zwei hatten wir in Peru kennengelernt und wir waren seitdem in Kontakt. Mit Burgern und einer Flasche leckerstem Torrontés feierten wir dann unseren ersten Abend außerhalb der Werkstatt.
Am nächsten Morgen ging es für uns dann wieder Richtung Cafayate und wie vorgenommen, machten wir noch eine Wanderung an der wundervollen Ruta 68 bis zur La Yesera. Die Farben der Berge bleiben unwirklich und wir sind tief beeindruckt, was sich die Natur hier ausgedacht hat.
Abends kamen wir dann wieder am Campingplatz in Cafayate an und man kannte uns noch. Wir trafen Jo und Michael, die die Panamericana mit dem Fahrrad fuhren. Wir luden sie auf Bier und Chips in Bruno ein und wir verbrachten einen sehr lustigen und sehr interessanten Abend zusammen. Die zwei waren sichtlich beeindruckt von unseren 4 Wänden, dem kühlen Bier aus dem Kühlschrank und der funktionierenden Elektrizität. Ich hab einen Heidenrespekt vor den Zweien. 100 km machen sie am Tag und sie haben 1 Jahr Zeit um in Ushuaia anzukommen. Wahnsinn! Stählerne Muskeln und Ausdauer haben die zwei definitiv mittlerweile entwickelt. Trotzdem würde ich nicht eine Sekunde mit ihnen tauschen. Fahrradfahren ist nicht so meins und bei den Pisten und Bergen, Regen und Wind würde ich vermutlich ununterbrochen jammern.
Jo und Michael hatten einen Kater von den zwei (!) Bier und blieben ungeplant dann auch noch eine Nacht. Nachmittags rollten dann auch Aly und Blake mit den Hunden Layla und Gilbert auf den Campingplatz und zusammen verbrachten wir noch einen weinreichen Tag. Abends gings dann erst noch in ein Restaurant für 5 Gänge mit Weinbegleitung und danach schon sehr gut gelaunt in die örtliche Bierkneipe. Als wir Jenga in Übergröße fanden, dauerte der Abend noch etwas länger als geplant und wir unterhielten den ganzen Laden.
Am nächsten Morgen wollten wir weiter, kamen aber nur 500 m weit. Eine Achsmanschette hatte es zerrissen und wir hatten uns geschworen, nix mehr auf die lange Bank zu schieben. Vor allen Dingen nicht vor den 1500 km die wir bis Mendoza zurücklegen mussten. Also rollten wir zurück auf den Campingplatz, bauten die Antriebswelle aus und tauschten die Achsmanschette gegen eine der alten, die wir vorsichtshalber behalten haben. Da es schon spät war, blieben wir noch eine Nacht und verbrachten einen gemütlichen Abend mit noch mehr Wein mit Aly und Blake.
Dann gings aber wirklich weiter und wir hatten auch in der Tat jetzt etwas Stress. Einige von euch wissen es schon, andere vielleicht nicht: Wir haben uns auf Arbeitsvisen in Kanada beworben und mittlerweile beide die Zusage. Nach der Zusage muss man das Visum aber innerhalb von einem Jahr aktivieren (= in Kanada einreisen) und für Hanno wurde es langsam knapp, da er schon im Februar 2022 die Zusage bekommen hatte. Also buchten wir einen Flug Santiago – Ottawa für Hanno und der ging schon in wenigen Tagen. Ich hab noch bis August Zeit, da mein Sachbearbeiter die Prüfung meines Backgrounds sehr genau genommen hatte und ich ein Führungszeugnis aus Mexiko brauchte, da ich länger als 6 Monate dort war…
Die nächsten Tage fuhren wir also viel und machten wenig. So kamen wir nach 3 Tagen in Mendoza an.
Hier gings auf den Campingplatz und nach einem Abend Stadt anschauen und mehr Wein trinken (dieses Mal aber mehr Roten und weniger Weißen) sollte es weiter gehen nach Santiago. Mendoza gefiel uns richtig, richtig gut. Grün, modern und mit netten Cafés und Restaurants. Wir schlenderten durch die Stadt und trafen einen Haufen netter Menschen. Der Busfahrer nahm uns umsonst mit, da wir keine Chipkarte hatten, die Kellner waren gesprächig und interessiert und die Taxifahrer super nett und zuvorkommend. Hier lässt es sich leben! Nach Wein und Essen gings noch eine Runde durch die Partymeile und wir bekamen einiges vom öffentlichen Leben der Stadt mit. Echt sympathisch!
Zu Santiago können wir nicht viel sagen, außer, dass die Kriminalität hoch ist und es keine gute Möglichkeit für sicheres und nettes Camping gibt. Die Aussicht eine Woche alleine abseits der Stadt in der Pampa zu stehen, während Hanno weg ist, war nicht so berauschend. Der Campingplatz war privat, aber der Besitzer mag wohl Menschen nicht so gerne, der Rest seiner Familie hat was gegen Camping auf dem Grundstück, es gibt weder Duschen noch Waschmöglichkeiten und das ganze ist auch eigentlich nur ein Schotterplatz auf Privatgelände. Dazu kommt, dass es so weit ab vom Schuss ist, dass man nicht in die Stadt kommt, außer mit dem eigenen Wagen. Hmmmmm. Zwei Tage vor Hannos Abflug entschieden wir ziemlich spontan, dass Bruno, Chico und ich in Mendoza auf dem schönen Campingplatz bleiben und Hanno am nächsten Tag nach Santiago fliegt und von dort dann weiter. Also bereiteten wir alle Papiere vor, die er für die Einreise brauchte, klärten die letzten Dinge und buchten die Flüge von und nach Mendoza.
Das war dann ein ganz schön verrücktes Gefühl als Hanno am nächsten Morgen ins Taxi Richtung Flughafen stieg. Wie lange wir beide nicht alleine waren. Und ich war noch nie alleine mit Bruno. Am Anfang echt komisch, aber das Bett für sich zu haben, war schon nicht schlecht, gerade bei 37 Grad und wenig Abkühlung in der Nacht. Für die Woche ohne Hanno hatte ich eine lange ToDo-Liste. Denn auch wenn Hanno aus Kanada zurück kam, waren wir ziemlich im Zeitstress und ich wollte davor so viele ToDos von der Liste streichen, wie möglich. Chico brauchte so einen Tag bis er herausfand, dass einer fehlte. Ab dem Zeitpunkt war er dann wohl der Meinung, dass er jetzt der Mann im Haus ist und ich wurde direkt mal mit einem toten Vogel versorgt. Wäre nicht nötig gewesen, aber er bestand darauf, dass ich ordentlich versorgt werde. Außerdem ließ er mich keine Sekunde mehr aus den Augen. Ich glaub er hatte Schiss, dass ich auch noch spurlos verschwand. Er heulte den kompletten Campingplatz zusammen, sobald ich mich von Bruno entfernte, und beruhigte sich erst wieder wenn ich zurück war.
Das ich männerlos war fiel auch auf dem Campingplatz auf und so wurde ich direkt von Renate und Thomas adoptiert. Die zwei campten auf dem Stellplatz neben uns und machten in Mendoza Urlaub. Vor 28 Jahren waren sie aus Deutschland und Österreich nach Paraguay ausgewandert und in der nächsten Woche versorgten sie mich regelmäßig mit Abendessen, Obst und Wein und ich durfte ihren unglaublichen Geschichten aus 28 Jahren Paraguay lauschen. All die verrückten Geschichten zu den Locals, ihren Traditionen, Aberglaube, Denkweisen und auch die Geschichten zu unglaublich naiven und unvorbereiteten Auswanderern könnten einen eigenen Blog füllen. Ich hab verdammt gut gelacht in der Woche! Chico fühlte sich auch direkt wohl und als es von Renate ein großes Paket Rindfleisch für ihn gab, war er eh hin und weg.
Morgens wurde von nebenan immer direkt kommentiert, wann ich aufgestanden war und wie lange ich geschlafen hatte und Thomas haute regelmäßig Sprüche raus, die ich sonst nur von Papa zu hören bekomme. Fühlte sich also ein bisschen wie zu Hause an und machte das Alleinsein deutlich erträglicher.
Auch Aly und Blake leisteten mir die letzten Tage noch Gesellschaft und so kam ich auch mal weiter als nur bis zum nächsten Supermarkt und wir schauten uns einen Abend das Fest zum Schutzpatronen der Reiter an. Interessant wie modern die Kirche hier ist. Das ganze war mehr ein Volksfest mit Essensbuden, Zuckerwatteverkäufern, dazwischen Predigten im Vorhof der Kirche und kleine Ständen die eine irre Mischung von Marienskulpturen, Glücksbringern und Hundespielzeug verkauften.
Mit den ToDos und guter Gesellschaft ging meine Zeit dann doch sehr schnell rum und ich freute mich auf Hannos Rückkehr.
Bei Hanno lief es eigentlich auch ganz gut. Mit Santiago konnte er sich nicht anfreunden und in Toronto wurde sein Weiterflug nach Ottawa gecancelt, aber auch schnell der Ersatzflug geregelt. Nach Ottawa musste er noch aus geschäftlichen Gründen. Als er endlich ankam wurde er von Kälte und Schnee überrascht. Zum Glück wars nicht ganz so furchtbar kalt wie die Vorhersage angekündigt hatte. Er tauchte schnell wieder ein ins nordamerikanische Leben und die Annehmlichkeiten und nachdem sein Arbeitsvisum aktiviert und sein geschäftlicher Termin auch vom Tisch war, gings erstmal Shoppen. Decathlon, Patagonia, H&M und noch ein bisschen Amazon. Dazu gabs selbstverständlich eine Runde Tim Hortens Kaffee und er fand auch eine Bude mit meinen geliebten Beavertails. Auf die freu ich mich jetzt schon! Bei den Fotos die Hanno die Tage so schickte bekam ich echt ein bisschen Sehnsucht nach Kanada.
Auf dem Rückweg hatte Hanno dann 10 Stunden Aufenthalt in New York. Praktisch, denn so konnte er auch dort noch die Amazonbestellungen einsammeln, während er die Flughafen wechselte. Tja und dann wurde sein Flug nach Santiago gecancelt und die Odyssee mit Latam Airlines begann. Nach stundenlangem Diskutieren und unterirdischem Kundenservice hatte er endlich ein Hotelzimmer und ein Voucher für Essen, sowie einen neuen Direktflug am nächsten Tag. Ich musste also noch einen Tag länger auf Hannos Rückkehr warten, aber er hatte dafür Zeit für Steak, Craft Beer und den Timesquare. Er musste jetzt einfach das Beste draus machen und New York machte es ihm zum Glück einfach. Oh New York! Du wundervolle Stadt. Da wär ich doch ganz gerne dabei gewesen.
Die Freude war groß, als Hanno dann einen Tag später endlich wieder zu Hause war. Chico hatte ihn auch vermisst und ziemlich oft auf dem Campingplatz gesucht. Wir blieben noch eine Nacht und Hanno holte ein bisschen Schlaf nach. Als alles Gepäck wieder ausgepackt und verstaut war, testeten wir noch Brunos Zylinderkopfdichtungen mit dem Testset, welches wir bei Amazon gekauft hatten. Da er immer noch gelegentlich heiß wurde, war unsere Vermutung mittlerweile, dass dort was im Argen ist. Das wäre ziemlich schlecht und würde wohl unseren Aufenthalt in Südamerika nochmal verlängern. In einer europäischen oder kanadischen Werkstatt würde die Erneuerung der Zylinderkopfdichtung wohl einen wirtschaftlichen Totalschaden bedeuten. Zum Glück war alles in Ordnung und uns fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Keine Abgase im Kühlsystem! Vermutlich sind wir dann doch einfach ein bisschen sehr sensibel und unterschätzen die Auswirkung der Höhe und der Hitze hier unten.
Für die Weiterfahrt stand also nix mehr im Weg und wir hatten ambitionierte Pläne. Bis Ende Februar wollten wir in Ushuaia sein und das Ende der Straße erreichen, damit wir noch was vom Sommer und Herbst in Patagonien mitbekommen und nicht zu tief in den Winter geraten. Aber erstmal gings noch nach Santiago, wo Ersatzteile bei DHL auf uns warteten. Nach Argentinien darf man als Privatperson keine Ersatzteile importieren, daher blieb uns leider nix anderes übrig. Kompliziert wie immer und wir zahlten mal wieder die deutsche Mehrwertsteuer um dann auch nochmal die in Chile zu zahlen. Leider gabs keinen Weg drumrum und wir bissen die Zähne zusammen. Hoffentlich fürs erste die letzte Bestellung.